„Unterkunft top. Wetter so lala“
Yesterday – Kommunikation von gestern (Folge 11)
„Herzliche Grüße von der Nordsee senden euch Tante Martha und Onkel Karl! Bei bestem Wetter und viel frischer Luft lässt es sich hier gut aushalten.“
Urlaubspostkarten waren vor allem in den Sommermonaten ein gern gesehenes Geschenk im Briefkasten. Wenn Freunde, Nachbarn oder die bucklige Verwandtschaft in ferne Gefilde aufbrachen, konnte man sicher sein, dass sie zwischen Leuchtturm und Fischbrötchen an uns dachten. Schließlich endete die Verabschiedung, bevor Familie Paschulke mit ihrem Wohnwagen in den Stau bretterte, meist mit den Worten: „Und schreibt uns ne Kaaarte!“
So stöberte man an der Hotelrezeption, im Souvenirlädchen oder beim fliegenden Händler auf der Promenade im Postkarten-Rondell, um den passenden Gruß in DIN A6 zu wählen und bekam gleich die passenden Briefmarken hinzu. Die waren damals nicht nur Porto, sondern auch begehrte Sammelobjekte für den Enkel, der die Papierschnipsel im Wasserbad löste, um sie dann wie einen Schatz in ledergebundene Alben einzusortieren.
Besonders begehrt waren natürlich exotische Exemplare. Wer sich aus weiter entfernten Ländern wie den USA, Griechenland oder Niederbayern meldete, konnte zudem sicher sein, dass die Karte erst ankam, wenn man längst wieder zuhause war.
Manche Urlaubsgrüße nahmen bereits die Zeichenbegrenzung der SMS vorweg: „Unterkunft top. Wetter durchwachsen. Essen reichhaltig. Nicht zu überlaufen. Gleich geht‘s zum Minigolf.“
Und dennoch vermittelten sie mehr Nähe und Persönlichkeit als jede Kurznachricht. Denn mochte das Postkartenmotiv noch so lustig oder klischeebesetzt sein („Ich habe euch auf dem Bild vorne ein Kreuz gemacht, wo wir wohnen!“) – was letztlich zählte, waren die Worte auf der Rückseite, die fein säuberlich dahinflossen.
Wenn man sich vorstellte, dass sie im Strandkorb, in der Teestube, während draußen der Sturm tobte, oder gar an der Gipfelstation des Nebelhorns verfasst wurde, dann war diese Karte auch ein Fragment echten Lebens aus einem anderen Teil der Welt – egal, ob sie von Omas Kuraufenthalt in Bad Neuenahr stammte oder von der Mitstudentin, in die man heimlich verliebt war und die gerade in Kanada weilte.
Ein Stück vom Glück. Für den Moment und die Erinnerung.