Mehr als nur Schall und Rausch

Yesterday – Kommunikation von gestern (Folge 7)

Foto: Martin Gehr

Vorsichtig setzte er den Tonarm über das schwarz glänzende Vinyl und platzierte die Plattennadel auf der äußersten Rille. Ein Knistern war zu hören – ganz so, als würde man eine alte Wachskerze anzünden. Ihr Schein hätte gut gepasst, denn das Auflegen einer Schallplatte war ein magischer Moment. Wenige Augenblicke später waberten die ersten Takte einer vertrauten Melodie durch die Lautsprecher und erfüllten das Wohnzimmer mit wohligem Klang.

Der Plattenspieler ist der König der Vintage-Szene. Kein Gerät der Unterhaltungselektronik besitzt so viel Renommee. Begriffe wie Vorverstärker und Tonabnehmer lassen die Herzen der Fans höherschlagen. Mag ein Tonband noch so schön leiern oder ein Kassettenrekorder das ultimative Mixtape mit den besten Hits der 90er abspielen – der Klassiker heißt LP.

Das hier gezeigte Modell ist ein Technics SL-Q2. Es wurde 1979 in Japan hergestellt, verfügt über einen Direktantrieb und einen Bügeltonarm. Durch seine solide Bauweise gilt der SL-Q2 für Liebhaber als „pures Gold“, obwohl die Plattennadel aus Diamant ist.

Plattenspieler waren Kunstobjekte, die einen zentralen Platz in der guten Stube erhielten – sofern man nicht ein eigenes Musikzimmer dafür eingerichtet hatte. Außerdem machten Plattensammlungen mit ihren Covern eine Menge her. Wer will Freunden heute schon seine „Download-Sammlung“ zeigen?

Foto: Martin Gehr

Da ich in den 80ern aufgewachsen bin, begleiteten mich Schallplatten nur in den ersten Lebensjahren; dann kamen sehr fix die Hörspielkassetten. Während sich meine LP-Historie also in „Karius und Baktus“ sowie „Kasperle ist wieder da“ erschöpfte, standen in der Sammlung meiner Eltern legendäre Werke von Pink Floyd, Barbra Streisand, den Beatles und Richard Clayderman.

Seit einigen Jahren erleben Platten ein Revival. Zu den erfolgreichsten Vinyl-Alben 2021 zählt „30“ von Adele. In Medienberichten sprechen Experten davon, dass dieser Trend mit einem „Bedürfnis nach Entschleunigung“, „analogen Ankerpunkten“ und der „Sehnsucht nach einer weniger komplizierten Zeit“ zusammenhänge. Ganz entspannt. Mit 45 Umdrehungen pro Minute.